Jonathan Brown, Velázquez, Maler und Höfling, Seite 229: „1659 wurde auch ein Porträt des Prinzen Felipe Próspero (Abb.266) nach Wien gesandt, des zarten Thronfolgers, der nur vier Jahre zu leben hatte (28. November 1657 – 1. November 1661). Es ist möglich, dass wir, die wir die immanente Hinfälligkeit des Kindes kennen, seinem Bildnis gegenüber voreingenommen sind. Aber ein Vergleich mit dem Porträt Baltasar Carlos mit einem Zwerg (Abb. 96) deutet unweigerlich darauf hin, dass auch der Künstler die auf Philipp IV. zukommenden dynastischen Krisen klar erkannte. Felipe Próspero trägt Amulette gegen den bösen Blick und ist in Gesellschaft eines kleinen, tiefäugigen Schoßhundes (Abb. 267). Nicht einmal die unvergleichliche Ausführung des Bildes kann die Atmosphäre leichter, aber alles durchdringender Düsternis verscheuchen.“
Nach den Kenntnissen und Erkenntnissen von Erklärungen der Bedeutungen von vielen Symbolen auf dem Gemälde, mit denen Velázquez kommuniziert, kann Hildegard Kretschmer die Ideen und Gedanken, die der spanische Barockmaler vermittelt, erkennen und erklären.
Hildegard Kretschmer, Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst, Seite 197 „Der kleine spanische Thronfolger, damals etwa zwei Jahre alt, ist, wie es in den ersten Lebensjahren auch für Jungen üblich war, in einem Kleid und mit Schürze dargestellt. Der prächtige Stoff mit reichen Verzierungen stellt seinen Stand genauso zur Schau wie die für Herrscherporträts übliche Haltung des kleinen Jungen, der seine Hand auf die Lehne des thronähnlichen Kindersessels legt. Das blasse, wohl schon damals kränkelnde Kind, das (H. B. auf dem Porträt eines symbolischen Storchs) ein früher Tod erwartete, ist mit einem Glöckchen, einem Riecher und Duftstoffen gegen Krankheiten, Schmuckstücken und Amuletten gegen den bösen Blick behängt. Teppich, Vorhangdraperie und rot gepolsterte Möbel sind Standardwürdemotive der offiziellen Porträtkunst. Der kleine weiße Hund verweist neben seiner Funktion als Spielgefährte und Standardsymbol auch auf die Erziehung des jungen Prinzen zur Tugendhaftigkeit.“
Der kleine weiße Hund, - wahrscheinlich ein subjektives Symbolmotiv, wie viele andere Symbolmotive auf den Bodegones von Diego Velázquez, - weist über seine Funktion als Spielgefährte und Standardsymbol hinaus, auch auf die Erziehung des jungen Prinzen zur Tugendhaftigkeit, hin.
War der Vater von Infant Philipp Proper, König Philipp IV., tugendhaft? Muss Philipp IV., auf den Gemälden, Baltasar Carlos als Jäger und Las Meninas, von Diego Velázquez, ertragen wozu er selbst kynische Beispiele gab?
Diego Velázquez hat die auf Spanien und die spanischen Habsburger zukommende dynamische Krise - kranke und behinderte Kinder aufgrund Ehen zwischen engen Familienmitglieder der Habsburger - nicht nur klar erkannt, sondern auf mehreren metaphorischen Gemälden, z. B. das Fest des Bachus und das Porträt von Mars, Bildbetrachtern, mit Symbolmotiven kommunizierend, die Ursachen der dynamischen Krise, das lasterhafte Leben des Königs, Phillip IV., vermittelt.
Auf die Düsternis der dynamischen Krise von Philipp IV., am Tag zu schlafen und in der Nacht lasterhaft aktiv zu sein, weist Diego Velázquez Bildbetrachter bereits auf dem Porträt von Baltasar Carlos als Jäger (Madrid, Museo del Prado), zwischen dem 17. Oktober 1634 und dem 16. Oktober 1635, hin.
Der Prinz steht in der Mitte zwischen zwei großen Hunden. Jonathan Brown, Seite 138: „Die große Dogge, schafft einen sprechenden Kontrast zur aufgeweckten, eleganten Erscheinung des kleinen Prinzen.“
Gegenüberstellung von gegensätzlichen Handlungs- und Verhaltensweisen, Tugenden stehen Laster gegenüber, kennzeichnen das Wesen der metaphorischen Garküchenmalerei von Velázquez. Velázquez stellt auf dem Gemälde Baltasar Carlos als Jäger, zwei große Hunde, die das Handeln und Verhalten von zwei Menschen personifizieren und charakterisieren, einander gegenüber. Die große schlafende Dogge, schafft nicht nur einen sprechenden Kontrast zur aufgeweckten, eleganten Erscheinung des kleinen Prinzen, sondern schafft auch inhaltlich einen sprechenden Kontrast zur aufgeweckten, eleganten Erscheinung des Jagdhundes, der der schlafenden Dogge gegenüber liegt. Die aufgeweckte, elegante Erscheinung des großen Jagdhundes ist analog der aufgeweckten, eleganten Erscheinung des kleinen Prinzen. Sie charakterisiert die Erziehung des Prinzen Baltasar Carlos zur Tugendhaftigkeit. Der sprechende Kontrast der großen schlafenden Dogge kennzeichnet und charakterisiert und verweist auf lasterhaften Müßiggang, auf den von Philipp IV..
Auf die reale Düsternis am Madrider Hof weist in Weltreiche 4, Seite 247, der Zweiburgen-Verlag hin. „Allmählich zeichnete sich eine neue Gefahr für den Fortbestand der spanischen Habsburgerdynastie ab. Obwohl Philipp IV. dem Gerücht zufolge Vater von zweiunddreißig unehelichen Kindern war, besaß er keinen legitimen erben, der ihm auf dem Thron folgen konnte. Seine Frau hinterließ ihm bei ihrem Tod nur ein Kind, eine Tochter, Maria Theresia. 1647 schloß Philipp einen Ehevertrag mit seiner damals dreizehnjährigen Nichte Maria Anna von Österreich. Zwei Jahre später zog die Braut, ein temperamentvolles Mädchen, nach Madrid und mußte entsetzt feststellen, dass die Etikette einer spanischen Königin selbst das Lachen in der Öffentlichkeit untersagte. Es verband sie nur wenig mit ihrem zweiundvierzigjährigen Gatten, der die Nächte damit verbrachte, in den Straßen seiner Hauptstadt ein ausschweifendes Leben zu führen, und viel Zeit darauf verwandte, im Breifwechsel mit einer teilnahmsvollen Nonne seine Verfehlungen zu beichten. Zu diesem Zeitpunkt war die königliche Familie finanziell kaum noch in der Lage, für die elementarsten Bedürfnisse des Lebens aufzukommen. Umgeben von Dienerinnen und gekleidet in prachtvolle Gewänder saßen die Königin und ihre Stieftochter bei Mahlzeiten zu Tisch, die einem bettler kaum genügt hätten. Viele der Anekdoten, die über den Zustand bei Hof im Umlauf waren, dürften stark übertrieben sein, doch ging es zweifellos recht ärmlich zu.
In dieser bedrückenden Atmosphäre zu leben, war für Maria Anna nicht leicht. Dennoch bemühte sie sich, dem König einem Erben zu schenken. Ihr erster Sohn, Felipe Prospero, starb bereits in der Wiege, doch bald folgte die Geburt eines zweiten Sohnes, Karl, im Jahre 1662. Dieser Sohn wurde sogleich begeistert als >>schön von Gestalt …, wenngleich etwas zur Fülle neigend gepriesen. Es sollte sich aber bald herausstellen, dass zu solchem Jubel kein Anlaß war. Als Philipp IV. im Jahre 1665 starb und der knapp Vierjährige dem Volk vorgestellt und als Karl II. zum König von Spanien ausgerufen wurde, stellten aufmerksamme Beobachter fest, dass der Thronerbe noch nicht ohne fremde Hilfe stehen konnte.
An Karl II. erwies sich, dass die Herrschaftsstrategie der Habsburger, die ihre Macht gegründet hatte, nur der Herrschaftsfamilie zum Fluch wurde. Im Laufe der Generationen waren zahlreiche Ehen zwischen nahen Blutsverwandten geschlossen worden, und am Ende dieser Linie stand nun dieser junge Mann, der niemals wirklich selbst die Herrschaft übernehmen konnte. Für den Fortbestand der Dynastie spielte es weniger eine Rolle, dass sich Karl II. als regierungsunfähig erwies, sondern dass er der einzige legitime Erbe Philipp IV. war. Die Zukunft Spaniens hing von diesem letzten Vertreter des Herrschergeschlechts ab, und die Aussichten, dass er die Linie würde fortführen können, waren sehr gering.“
Karl II. konnte keine Nachkommen zeugen. Der letzte spanische Habsburger überließ am 1. November 1700 sein gesamtes Reich „dem Erzfeind seiner Familie, dem französischen Königshaus.“